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Geduld und Loslassen

 

Nach nun fast einer Woche in einer Art unfreiwilligem  "Schweige- und Stille-Retreat" zu Hause aufgrund einer Grippe, kommt mir immer mehr das Wort Geduld in den Sinn.

 

Geduld - entweder man hat sie oder man hat sie nicht...dachte ich früher immer. 

Ich selbst habe mich immer in der Kategorie "Ungeduld" eingeordnet (auch wenn mir viele von außen etwas anderes widerspiegelten). Äußerlich wirkte ich vielleicht ruhig, aber innerlich? Ganz und gar nicht! Wenn ich irgendwo mal wieder an der "falschen Kasse" im Supermarkt warten musste oder im Stau stand: dann habe ich immer schnell nach einem Ausweg gesucht und wurde innerlich gribbelig....genervt....und fühlte mich dadurch schnell gestresst.

 

Dies hat sich über die Jahre geändert. Durch viele Achtsamkeitstrainings und Retreats kam ich immer mehr in die innere Ruhe. Und ein Satz während eines Retreats hat mich besonders geprägt: "Bedenkt, wenn ihr ungeduldig in einer Schlange steht, weil die Menschen vor euch langsamer sind oder einfach mehr Zeit haben: ihr seid immer Teil der Schlange!"

Es ist wahr. Situationen oder Menschen nicht so schnell ver- oder be-urteilen, sondern einfach mal innehalten und genau hinschauen. Achtsam hinschauen. Und in Geduld üben. Meist verändert sich die Haltung zu der Situation oder zu dem Menschen dann ganz schnell. Und das Loslassen der Ungeduld bringt innere Entspannung und oft sogar ein Schmunzeln. Es geht um ein Loslassen von Dingen und Geschehnissen, die man (meist) eh nicht ändern kann.

 

Und da komme ich wieder zurück zu meiner Grippe. Ich bin die letzten Tage durch viele Gedanken und Gefühle durchgegangen....da war Ungeduld "warum gerade jetzt und warum werde ich nicht schneller wieder gesund", aber auch die tiefe Einsicht, dass ein "schneller haben wollen und die Frage nach dem 'Warum'" nicht wirklich weiterhilft. Nein, sie verschlimmert die Situation nur noch. Neben den eh schon unangenehmen Symptomen der Grippe, macht man sich das Leben zusätzlich selbst noch schwer - hausgemacht. Wie dumm. Darum bin ich nun geduldiger und gütiger mit mir selbst und lasse einfach mal los. Und es fühlt sich gut an. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Malte Peters (Freitag, 06 Dezember 2019 17:40)

    Christian Morgenstern sagt:
    Geduld du ungeheures Wort, wer dich erkennt, wer dich begreift, erkennet und begreift hinfort, wie Gottheit schafft, wie Gottheit reift.

    Wie schön, wenn man in Geduld den Reifungsprozess des eigenen Körpers in einer Grippe erfahren darf und damit etwas geschenkt bekommt, was es sonst nirgendwo zu erwerben gibt.

  • #2

    Anne (Sonntag, 08 Dezember 2019 17:19)

    Lieber Malte Peters,
    danke für deinen Kommentar.
    Ja, man bekommt so viel geschenkt an dem Man(n)/Frau reifen kann - oft erkennt man es leider erst beim zweiten Blick. Aber dann wird einem alles umso klarer.